Es ist schon interessant, wie schwierig es ist, auf ein Regelwerk zuzugreifen, für vile von uns von Interesse ist. Es handelt sich um den Codex alimentarius austriacus, das österreichische Lebensmittelbuch. Wenn ich mich darüber aufrege, warum so viel Fett in einer Torte sein muss, antwortet mir der Konditor, das sei im Lebensmittelbuch so geregelt. AHA .....
Also schauch ich einmal, ob das so stimmt. Viel findet man in Google nicht. In einem sehr guten Aritkel von einem Hr. Kapplmüller aus Wels liest man die Wichtigkeit der Regionalisierung und der Qualität österreichischer Backwaren. Da wird die Notwendigkeit des Strudels & Co hochgehalten. In einem Artikel des deutschen Backnittelinstituts von Dr. Friedrich Kunz aus Wien findet sich ein hervorragend recherchierter Artikel zum Thema Sachertorte: Ein süßer Mtyhos aus Wien Er verweist zurecht darauf hin, daß im Codex eine Fußnote existiert, die die strengen Bestimmungen wieder abschwächen.
ZITAT:
Bezogen auf die Sachertorte sind daher die hervorhebend bezeichneten Exemplare (z.B. Original-, Traditionelle-, Altwiener-) nach den – codexgeregelten – Rezepten „der guten alten Zeit“ herzustellen. Alles was „nur“ die einfache Bezeichnung „Sacher“ ohne jede Hervorhebung trägt, sollte zwar wie „Sacher“ aussehen und auch schmecken, muss aber nicht zwingend die im Codex Absatz 2 genannten Zutaten enthalten.
Nun interessiert mich aber wirklich die Originalversion. Wo ist die zu finden?
Bei der Witschaftkammer geht das nur mit passwortgeschütztem Login. Habe ich nicht.
Beim Fachverband Lebensmittelindustrie auch nur Allgemeines über den Codex und welche Kammern und Gremien da dabei sind. Sozialpartnerschaft in Urform. Da kann nicht viel für den Konsumenten herauskommen...)
Im Lebenmsittelministerium auch nichts. Eine Anfrage eines Users an den Ombudsmann wird zwar bereitwillig beantwortet, wo man das alles findet. Wenn man auf die Links klickt, sind die leider nicht mehr aktiv.
Im Gesundheitsministerium findet man die neuen Codexkapitel ( IV. Auflage).
Leider fehlt das Kapitel über die Sachertorte. Die alten ( aber weiterhin gültigen ) Kapitel hat man offenbar "vergessen".
Über Wikipedia komme ich dann auf den richtigen Link , wo mann das ganze Buch oder einzelne Kapitel downloaden kann. ( Ist eine PRIVATE Website, aber super).
Wichtig ist das Kapitel B 34 Konditorwaren:
ZITAT:
Für die im Folgenden genannten Konditorwaren gelten - unabhängig von ihrer
Ausformung, wie Torten, Schnitten, Würfel - die besonderen Erfordernisse dieses
Teilkapitels, wenn sie mit einer Bezeichnung iS dieses Teilkapitels versehen
sind)
Fußnote: Solche Bezeichnungen sind insbesondere "Besondere österreichische
Codexqualität", "Traditionelle österreichische Codexqualität".
.1) Bei der Herstellung dieser Produkte werden keine Konservierungsmittel, keine
Farbstoffe, keine Süßstoffe und keine sonstigen rezepturwidrigen Zusatzstoffe
verwendet.
2 Konditorwaren, die mit einem Hinweis auf "Sacher" in Verkehr gebracht werden, werden aus Sachermasse hergestellt.
Sachermasse besteht aus Mehl, Butter, Eiern, Zucker und Schokolade.
Der Anteil an Schokolade beträgt mindestens 15 %, bezogen auf das
Rezeptgewicht.
Es werden nur Speiseschokolade, Bitterschokolade, conchierte
Kakaomasse oder Tunkmasse (Couvertüre) verwendet. Ein teilweiser Ersatz von
Mehl durch native Stärke ist zulässig. Zur Geschmacksabrundung können Zutaten wie Salz, Vanille, Vanillin, Ethylvanillin, Rum oder Inländerrum zugesetzt werden.
Zur Herstellung von Sachermasse werden anderes Fett als Butter, Ei-
Trockenpräparate, künstliche oder naturidente Aromastoffe nicht verwendet
(ausgenommen Vanillin und Ethylvanillin).
Der Sachermasse können zusätzlich Walnüsse, Haselnüsse oder Mandeln
beigefügt werden; dies wird in der Bezeichnung zum Ausdruck gebracht, z.B.
"Nuß-Sacher", "Sachertorte mit ...nüssen", "Sachertorte mit Mandeln".
Als Glasuren werden verwendet:
a) "Konserv"-Glasur (tabliert) mit einem Verhältnis von Zucker zu Schokolade von 1
: 0,75; zur Erzielung eines besseren Glanzes der Glasur kann eine geringfügige
Menge an Speiseöl zugesetzt werden;
b) Schokolade-Fondant, bestehend aus 1 Kilogramm Fondant und mindestens 300
Gramm Schokolade;
c) Schokolade gemäß Codexkapitel B 15. Der Schokolade kann zur Erzielung einer
besseren Schnittfähigkeit in erforderlichem Ausmaß Butter (Milchfett) oder Nougat
zugesetzt werden. Kakaohaltige Fettglasurmassen werden nicht verwendet.
Wird beim Glasieren eine Unterglasur verwendet (Aprikotieren), oder werden
Produkte dieses Absatzes gefüllt, so wird hiezu ausschließlich Marillen-Konfitüre
verwendet.
So jetzt wissen wir es besser. Warum man das so gut versteckt und auch in den besten Kochbüchern falsch beschrieben wird, ist mir schleierhaft.
Fazit:
1. Die Sachertorte ist ein relativ gesundheitsverträgliches Rezept. Da gibt es viel Schlimmeres ( Marmorgugelhupf, Mürbteige). Das Rezept gehört schon längst auf den Stand der Zeit gebracht. Mit Mythen und Verstecken kommt man da nicht weiter.
2. Bio-Produkte sollten bei diesem edlen Stück auch eine Selbstverständlichkeit sein, vor allem dann, wenn man dafür 36 Euro verlangt.
3. Wie lange wird man die Verbraucher noch derart lange hinhalten können? Pseudodeklaration der Inhaltsstoffe, falsche Kochbücher, freie Gastronomie im Convenience Rausch. Letztlich bezahlen wir das Ganze wieder bei den Gesundheitskosten.
4. Wenn man die Codex Geschichte ernst nimmt fallen alle Rezepte raus, die Bröseln statt Mehl nehmen ( Plachutta 1, Krone 1906 Echte Sachertorte, Krone 1906 Sachertorte mit Rum, Fred Zimmer Sachermasse). Wegen des zu geringen Schokoanteils ( > 15 % entsprechend über 94.5 Gramm auf eine 18 cm Masse von 630 Gramm) fliegt die Plachutta 2, die Meisterkochh Sachertorte, der Zauner Buskuit, die Zauner Sachermasse, die Fred Zimmer Sachermasse und die Zabert Schokomasse aus dem Rennen. Selbst das Lehrbuch der Backerei, kommt bei der Trauner Schokomasse nur auf 94 Gramm und verfehlt ganz knapp das Codexziel um 0.2 %. Die günstigen aber sehr schmackhaften Buskuits wie der Jaros Ölkuchen mit gesundem Pflanzenfett statt Butter fallen wegend er vorgeschriebenen Butter aus dem Rennen.
5. Carla Sacher aus Baden macht eindeutig wieder einmal das Rennen. Es scheint sich hier wirklich um das Originalrzept zu handeln, auch wenn es nur mit zittriger Handschrift dem Kurier übergeben wurde und als nicht authentisch abgetan wurde, da statt Butter Rama verwendet werden kann. Die alte Dame hat wahrscheinlich über Gesundheitsaspekte anchgedacht und deshalb den der gesundheit zuträglichen Kakao/Schokoanteil so hoch wie möglich gemacht. Sollten wir diese gedanken nicht wieter entwickeln ?
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